Berlin 1945 – 1989
Geteilte Stadt, eine Bahn
Die Einheit des Berliner Eisenbahnwesens blieb nach Kriegsende in allen vier Sektoren erhalten. Ab 1946 verlagerte die DR den Fernverkehr in den Ostsektor und vollendete bis 1957 den Außenring, um West-Berlin umfahren zu können. Von Stagnation, Improvisation und S-Bahn-Turbulenzen geprägte Jahre folgten zwischen dem Mauerbau 1961 und dem Mauerfall 1989.
Foto: Bodo Schulz

Eines von vielen Provisorien: Um Güterwagen im Görlitzer Bahnhof, gelegen im Westteil der Stadt, zustellen zu können, mussten die Züge vom Güterbahnhof Berlin-Treptow in Neukölln im Transit über Ost-Berliner Gebiet fahren und passierten dabei zwei von Soldaten gesicherte Grenztore (Aufnahme vom 3. Oktober 1982).
Die Aufnahme des „Sputnik-Verkehrs“ um West-Berlin herum nährte Spekulationen über die Spaltung des bisher allen Ost-West-Konflikten zum Trotz einheitlich gebliebenen Berliner S-Bahn-Netzes. Die Gleichstromzüge verbanden die politisch längst auseinandergedrifteten Stadthälften untereinander und die Westsektoren mit dem Umland. Doch immer mehr Bewohner der DDR nutzten die S-Bahn zur Flucht in die „Freie Welt“. 1960/61 schwappte die Fluchtwelle höher und höher, die DDR-Regierung musste die dramatische Entwicklung stoppen. In der Nacht vom 12. auf 13. August 1961 schloss sie schlagartig die noch offenen Grenzen, es begann der spätestens seit 1958 geplante Mauerbau.
Foto: Eisenbahnstiftung

Hinweisschild auf die Sektorengrenze (1953).
Mit der Grenzschließung wurden sämtliche S-Bahn-Strecken von West-Berlin ins Umland gekappt und der innerstädtische S-Bahn-Ring zerschnitten. Die S-Bahn-Linien auf der Stadtbahn wurden gebrochen, aus westlicher wie östlicher Richtung hieß die Endstation nun Berlin Friedrichstraße. Auch für die Fernzüge aus Westdeutschland, die bisher noch generell bis Ostbahnhof benutzt werden konnten, war nun verkehrlich auf dem Grenzbahnhof Friedrichstraße Schluss – ausgenommen einige internationale Züge Richtung Polen und Sowjetunion sowie nach Skandinavien. Ost-Berliner mussten endgültig auf die Züge über den Außenring ausweichen, wenn sie in die westlichen Vororte gelangen wollten.
Um den Schnellverkehr dorthin weiter verdichten zu können, erhielt die Reichsbahndirektion Berlin zusätzliche Lokomotiven und Wagen. In Berlin-Karlshorst entstanden für die „Sputnik-Züge“ provisorische Seitenbahnsteige, die trotz ihres Behelfscharakters am Ende sogar die DDR überdauerten. Im nördlichen, westlichen und südwestlichen Teil des Außenrings fehlte noch das jetzt dringender denn je benötigte zweite Gleis. In größter Eile stellte die DR die Abschnitte Abzweig Bergfelde – Falkenhagen – Potsdam Hbf sowie Nesselgrund – Saarmund bis Oktober 1961 zweigleisig fertig.
Von Konrad Koschinski
Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem
November-Monatsheft 11/2019 vom Eisenbahn Journal
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